Was können KI Agenten wirklich?
22. Oktober 2025
Was können KI Agenten wirklich?
Was erwarten wir eigentlich von KI-Agenten?
Seit Beginn des Jahres 2024 kursiert in der Tech-Welt ein Begriff wie ein Versprechen: “The Year of the AI Agent”. Große Anbieter wie OpenAI, Salesforce oder Microsoft haben ihn geprägt, begleitet von Demos, Roadmaps und Keynotes, die ein klares Bild von Künstlicher Intelligenz zeichnen, die selbstständig Aufgaben übernimmt, Prozesse automatisiert und am besten gleich ganze Teams ersetzt.
Ob HR, Vertrieb, Softwareentwicklung oder Kundenservice, für fast jede Wissensarbeit wurde eine Art Agent angekündigt. Doch nun, Monate später, warnen dieselben Akteure davor, die Erwartungen zu hoch zu schrauben. Der Begriff „Agent“ wird weiter inflationär verwendet, doch was wirklich möglich ist, bleibt weit hinter dem zuvor erzeugtem Hype zurück.
Was sagen führende KI-Experten zur Realität?
Ein besonders klarer Blick stammt von Andrej Karpathy, einem der Gründungsmitglieder von OpenAI und langjährigen KI-Vordenker. In einem Interview mit dem Podcast-Host Dwarkesh Patel spricht er offen über die Lücke zwischen Wunschdenken und Realität.
Karpathy macht deutlich, dass die aktuellen Modelle, einschließlich GPT-4 und Claude, keine echte Kognition besitzen. Sie sind in der Lage, Vorschläge zu machen, Muster zu erkennen oder zu analysieren, aber sie können (noch) nicht komplexe Aufgaben vollständig eigenständig abwickeln, wie es ein Praktikant oder ein Junior-Angestellter könnte.
Sein Urteil ist deutlich: „Die Modelle sind noch nicht so weit. Ich habe das Gefühl, dass die Branche einen zu großen Sprung macht und vorgibt, das sei alles schon großartig. Aber das ist es nicht. Es ist schlampig.“
Was können Unternehmen mit Agenten heute wirklich machen?
Die besten Anwendungsfelder sind derzeit eng umrissene, technische Aufgaben mit klaren Zielvorgaben und auf Basis gründlich aufbereiteter und verlässlicher Daten.
In der Softwareentwicklung werden Tools wie GitHub Copilot oder Claude Code erfolgreich eingesetzt, aber auch hier ersetzt kein Tool einen Entwickler, sondern unterstützt ihn.
Die KI kann Muster erkennen und Lücken und Lösungen aus Mustern ableiten, aber eine Kontrolle durch den Menschen ist an alle kritischen Stellen unumgänglich.
Selbst dort, wo Unternehmen durch KI ihre Teams verkleinert haben, verändern sich vor allem die Aufgaben. Statt selbst zu programmieren, koordinieren erfahrene Fachkräfte die Arbeit der Agenten, prüfen Ergebnisse, optimieren Abläufe.
Was fällt Agenten heute besonders schwer?
Laut Karpathy und anderen Experten gibt es klare Grenzen, die aktuelle Systeme nicht überschreiten. Besonders schwierig sind Aufgaben mit unklaren Erfolgskriterien, offenen Fragestellungen oder hoher Kontextabhängigkeit.
Beispiel: Eine Präsentation mit einem nachvollziehbaren Argumentationsbogen, angepasstem Design und Zielgruppenansprache zu erstellen, ist für aktuelle LLMs erheblich schwieriger als eine Code-Funktion zu schreiben.
PowerPoint-Dokumente, überzeugende E‑Mails, strategische Memos, all das erfordert implizites Wissen, Erfahrungswerte, ein Gespür für Tonalität. Genau hier versagen viele Agenten oder erzeugen mittelmäßige Ergebnisse, die Zeit kosten statt sie zu sparen.
Wo ist KI-Automatisierung tatsächlich realistisch?
Es gibt Use-Cases, bei denen vorhersehbare Muster, starke Standardisierung und klar definierte Datenformate helfen. Karpathy nennt etwa den Bereich Customer Support.
Call-Center-Arbeit folgt oft klaren Abläufen, mit vordefinierten Antworten und strukturierten Gesprächsverläufen. Hier kann ein gut trainierter KI-Agent hilfreich seinm aber selbst dann ist Vorsicht geboten.
Karpathy warnt: „Ich würde ein oder zwei Jahre warten, bevor ich damit rechne, dass Callcenter vollständig automatisiert bleiben. Viele werden wahrscheinlich einen Teil des Personals zurückholen müssen.“
Das ist ein wiederkehrendes Muster: KI kann einfache Prozesse gut unterstützen, aber nicht dauerhaft ohne Aufsicht laufen. Was für ein Callcenter funktioniert, muss noch lange nicht in einer Finanzabteilung oder im Vertrieb gelingen.
Was bedeutet das für Produktverantwortliche und Unternehmen?
Die aktuelle Entwicklung zeigt deutlich: Agenten sind Werkzeuge, keine Angestellten. Sie sind leistungsfähige Assistenten, die bestimmte Aufgaben schneller und zuverlässiger erledigen können, wenn sie sinnvoll orchestriert, eingebettet, kontrolliert und trainiert werden.
Produktverantwortliche und Führungskräfte sollten also:
- Keine überhöhten Erwartungen erzeugen
- Klar zwischen Demo und Realität unterscheiden
- Prozesse nicht blind automatisieren, sondern gezielt verbessern
- Die Rolle von Menschen nicht verdrängen, sondern neu definieren
Fazit: Von der Überhöhung zurück zur Produktivität
Der Begriff „Agent“ suggeriert oft Autonomie. Doch aktuell sind KI-Agenten Assistenzsysteme, keine Kollegen. Sie sind nützlich, wenn man sie richtig einsetzt. Sie entlasten, strukturieren, prüfen, aber sie entscheiden nicht.
Die spannende Frage ist nicht, ob wir durch Agenten Jobs ersetzen können, sondern wie wir durch Agenten bessere Arbeit ermöglichen. Besser im Sinne von schneller, präziser, fundierter, effektiver, vielleicht sogar mit mehr Spaß bei der Abreite, aber immer in Zusammenarbeit mit dem Menschen.
Die Zeit der KI Visionen, Versprechungen und Ausblicke ist vorbei. Es braucht jetzt reale Anwendungen mit einem meßbaren Mehrwert, dort wo die KI effektiv helfen kann.
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